Logistik und Fördertechnik

HDHF-Vakuumgreiftechnik

Das Greifwerkzeug für Scheibenware und mehr

08.03.2021 -

Das Greifen von Lebensmitteln stellt die Automatisierungstechnik schon seit Langem vor technische Probleme, da die Handhabung von Lebensmitteln, und besonders von Naturprodukten, unterschiedlichste Herausforderungen mit sich bringt. Das DIL Deutsches Institut für Lebensmitteltechnik e.V. aus Quakenbrück hat aus diesem Grund die HDHF-Vakuumgreiftechnik entwickelt, die ideal auf die Gegebenheiten der Lebensmittelindustrie angepasst ist.

Lebensmittel können bereits in definierten Produktklassen sehr unterschiedliche Formen und Strukturen aufweisen, die jedoch mit gleichbleibenden Werkzeugen verarbeitet werden sollen. Bei wechselnden Abmessungen, sowie rauen oder feuchten Oberflächen stoßen konventionelle Vakuumtechniken an ihre Grenzen. Sobald der Abschluss zwischen Produkt und Saugglocke nicht perfekt ist, kann kein Vakuum und somit auch keine Haltekraft aufgebaut werden. Diese hohe Varianz muss hingegen vom verwendeten Greifsystem überwunden werden, um einen sicheren Prozess gewährleisten zu können. Auch die Hygiene spielt im Lebensmittelbereich eine essentielle Rolle, so dass Schlauchleitungen und das Greifsystem insgesamt keine Kontaminationsquelle darstellen dürfen. Weiterhin sind viele Produkte zu empfindlich, um mit mechanischen Greifern gehoben zu werden, da diese Systeme schnell Druckstellen und Verletzungen der Produktoberflächen hervorrufen.

Die HDHF-Greiftechnik als Problemlöser

Die HDHF-Vakuumgreiftechnik ermöglicht die Überwindung dieser Hindernisse und die Erfüllung der Anforderungen. Die Gestaltung des Systems im Hygienic Design verhindert die Kontamination von Schlauchleitungen und stellt die einfache Reinigbarkeit sicher. Ferner erzeugt die Konstruktion der Coanda-Vakuumdüse im Betrieb eine hohe Luftverstärkung, so dass sich eine hohe Leckagetoleranz einstellt. Diese macht die Handhabung von rauen Oberflächen und luftdurchlässigen Produkten möglich. Weiterhin bietet das System die stufenlose Einstellung des Vakuums von 0,1 bis 30 %, damit eine ideale Anpassung an das jeweilige Produkt möglich wird und Beschädigungen oder Abdrücke auf der Produktoberfläche verhindert bzw. minimiert werden können.

Die Greiftechnik kannherstellerunabhängig an alle gängigen Robotersysteme (Sechs-Achs-Roboter, Scara-Roboter, Picker, etc.) adaptiert werden und ist flexibel auf die Anforderungen der Greifsituation anpassbar. Hierbei ist die individuelle Auslegung von Saugglocken an den jeweiligen Anwendungsfall entscheidend. Im Folgenden verdeutlichen einige Anwendungsbeispiele wie flexibel einsetzbar die HDHF-Greiftechnik durch individuell entwickelte Saugglocken ist.

Abstapeln von Scheibenware für die Sandwichproduktion

Bei der Produktion von Sandwiches für die Convenience-Abteilung von Supermärkten oder auch Cateringservices müssen oftmals Scheibenwaren, wie Wurst oder Käse, auf das Sandwich aufgebracht werden. Dieser aktuell zumeist händisch vorgenommene Vorgang kann auch durch eine automatisierte Greiflösung umgesetzt werden. Hierzu wurde eine Greiflösung entwickelt, welche gestapelt angelieferte Wurst- und Käsebeläge zuverlässig entstapelt und eine direkte Positionierung der Einzelscheiben auf dem Produkt möglich macht. Die technische Umsetzung wird durch eine individuell entwickelte Saugglocke realisiert. Diese ist an die Scheibengröße angepasst und besitzt im Inneren eine Kanüle.

Zur definierten Ablösung der obersten Scheibe eines Stapels durchstößt die Kanüle die Scheibe und leitet an dieser Stelle Luft ein. Hierdurch bildet sich unter der obersten Scheibe eine Luftschicht und die Scheibe kann durch das vom HDHF-Greifer produzierte Vakuum gehalten und vom restlichen Stapel abgelöst werden. Die Installation des Systems an einen Roboter und die Produktzuführung der Rohwaren über bspw. ein Komponentenmagazin ermöglicht nun einen automatisierten Prozess zum Belegen von Produkten mit Wurst- und Käsescheiben.

Neben der Scheibenware lassen sich aber auch alle weiteren Komponenten eines Sandwiches mit dem System handhaben. Hierbei stellen weder bestrichene oder unbestrichene Brotscheiben, noch empfindliche Komponenten, wie geschnittene Tomatenscheiben oder Scheiben gekochter Eier, unüberwindbare Herausforderungen dar. Alle Vorgänge zur automatischen Produktion eines Sandwiches können somit mit demselben Greifsystem gehandhabt werden.

Aufnahme von vorportionierter Scheibenware

In der Lebensmittelindustrie werden Scheibenprodukte wie z. B. Wurst und Käse in vorkommissionierten Portionsgrößen für den Einzelhandel hergestellt. Die Scheiben werden dann wahlweise als Stapel- oder Schindelware auf einem Förderband orientiert, um eine anschließende Verpackung vorzunehmen. Die so vorportionierten Stapel oder Schindeln fallen aktuell oftmals undefiniert in die Verpackungen. Dies führt dazu, dass die Produkte schief in die Verpackung oder seitlich auf den Rand der Verpackung fallen können. Dies macht in Teilbereichen eine Nachkontrolle durch Mitarbeitende notwendig, da die Siegelfläche blockiert oder verschmutzt sein kann und so ein erfolgreiches und problemloses Verschließen der Verpackung verhindert wird.

Dies führt nicht nur zu einem hohen Ausschuss an guten Produkten, sondern auch zum Maschinenstillstand in der gesamten Linie und somit zu Produktionsausfällen. Um dies zu verhindern kann die Portionierung mittels des HDHF-Greifsystems erfolgen. Definierte Saugglocken erlauben hierbei die Aufnahme der Stapel bzw. Schindeln und gleichzeitig die zielgenaue Ablage in die Endverpackung. Für geschindelte Waren wird die Gestaltung der Saugglocke immer an die Form der Portion angepasst. Auf diese Weise können alle Ausrichtungen der Produkte aufgenommen werden, egal ob sie in einer Reihe, in einem Oval oder im Kreis angeordnet sind. Die Aufnahme von ganzen Stapeln ist ebenso möglich, da die Luft durch den gesamten Stapel dringt und sich somit eine Haltekraft für den gesamten Stapel einstellt. Dies ermöglicht den Transport großer Stapel, aber auch einzelner Scheiben mit der gleichen Saugglocke.

Zusammenfassung

Die patentierte HDHF-Vakuumgreiftechnik wurde entwickelt, um das Themenfeld „Lebensmittelhandling“ zu erschließen. Die konzipierte Vakuumdüse kann Undichtigkeiten zwischen Produkt und Saugglocke durch eine hohe Leckagetoleranz überwinden und lässt eine stufenlose Einstellung des Vakuums zu. In Kombination mit einer ideal angepassten Saugglocke ergibt sich somit ein hoch flexibles Greifsystem, welches mit Lebensmitteln hygienisch, sicher, sachgerecht und beschädigungsfrei umgehen kann und in vielen Fällen erst eine Automatisierung möglich macht. Durch die Forschungsarbeit der letzten Jahre sind viele Greiflösungen für unterschiedlichste Lebensmittel entwickelt worden. Neben den dargestellten Beispielen sind so u. a. Lösungen für die Süß- und Backwarenindustrie, die Fleisch- und Fischindustrie oder auch die Obst- und Gemüseindustrie entstanden. Durch die Kombination mit einem Robotersystem können so effektive Systeme geschaffen werden, die durch den Einsatz von Kameratechnik, Sensorik und künstlicher Intelligenz zusätzlich noch effizienter gestaltet werden können.

Über das DIL Deutsches Institut für Lebensmitteltechnik e. V.
Das DIL Deutsches Institut für Lebensmitteltechnik e. V. ist ein außeruniversitäres Forschungsinstitut der Lebensmitteltechnologie und Lebensmittelwissenschaften. In den letzten drei Jahrzehnten hat sich in Quakenbrück ein international tätiges Institut mit Kompetenzen entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Lebensmittel entwickelt. Das DIL operiert in den Forschungsbereichen der Lebensmittelsicherheit und Authentizität, der Struktur und Funktionalität, sowie der Nachhaltigkeit.
Ein weiterer Teilbereich ist die Optimierung von Herstellungsprozessen im Lebensmittelbereich, weswegen sich das DIL als Bindeglied zwischen Industrie und Wissenschaft versteht. Die Mitarbeiter des DIL entwickeln getragen von ca. 180 Mitgliedsunternehmen aus allen Fachbereichen der Lebensmittelherstellung neue Technologien für die Lebensmittelindustrie.

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DIL Deutsches Institut für Lebensmitteltechnik e.V.

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