Betriebstechnik, Dienstleistungen

Durch wertebasierte Führung das Qualitätsbewusstsein steigern

Erfahrungen von Florian Frankl, Q-Enthusiast

14.09.2021 -

Im Management allgemein und besonders im Qualitätsmanagement fragen wir uns, warum Mitarbeitende gerade in wichtigen Details oft nicht unsere Erwartungen erfüllen. Haben wir nicht genau genug erklärt? Sind die Vorgaben nicht detailliert und ausführlich genug? Und intuitiv stecken wir in der Falle und erreichen genau das Gegenteil von dem, was wir erreichen wollen.
  Die meisten Unternehmen sind überformalisiert. Ein Drittel meiner QMB-Kunden teilte mir vor der Zusammenarbeit mit, dass sie die meiste Zeit mit dem Management von Dokumenten beschäftigt sind. Das hat mit Qualitätskultur wenig zu tun und ist darüber hinaus eine grandiose Verschwendung von Ressourcen.  Der Versuch von Führungskräften, mit Boni oder halbherzigem Lob zu motivieren, damit Unachtsamkeiten, Fehler oder Missverständnisse weniger häufig auftreten, scheitert nicht selten. Dahinter steckt ein großer Denkfehler. Denn auch monetäre Anreize fördern Qualitätskultur nur sehr bedingt und nicht nachhaltig. Menschen werden von zu vielen unterschiedlichen Motiven angetrieben. Deshalb funktioniert das Gießkannen-Prinzip nicht. Für jede Person der gleiche Bonus. Oder die gleiche Portion vordergründige Anerkennung, und so weiter.
  Wer sind die wahren Helden im Unternehmen?
  Auch heute noch glauben viele Führungskräfte, dass sie die Zugpferde der Organisation sind. Mit ihrer Arbeit an Strategien und Prozessen und den daraus resultierenden Entscheidungen leisten sie ohne Frage einen wertvollen Beitrag. Führung bedeutet aber nicht nur, Strategien vorzugeben und Prozesse zu definieren. Es wird immer Punkte geben, an denen etwas nicht so funktioniert, wie geplant. Je mehr Mitarbeiter-Zahnrädchen wissen, was sie tun müssen, um den Unternehmensmotor am Laufen zu halten, desto größer ist der gemeinsame Erfolg. Intuitiv zu wissen, was in Sachen Qualität in welcher Situation zu beachten ist und auch ohne Anweisung entsprechend zu handeln: das bezeichne ich als gute Qualitätskultur.
  Im Führungsalltag oft unberücksichtigt bleiben die Werte der Menschen. Dahinter stecken die Gründe, warum Menschen handeln wie sie handeln. Das bei den eigenen Mitarbeitenden zu wissen, ist ein Schlüssel guter Führung. Das erlebe ich täglich mit meinen knapp 40 Mitarbeitenden in QM, QS und Labor. Mir ist bei der Führung wichtig, dass jedes Teammitglied weiß, in welcher Aufgabe und Situation sie und er „Held im Unternehmen“ ist.
  Fünf Zutaten für mehr Qualitätsbegeisterung
  So, genug auf dem Management herumgehackt. Wie können Sie nun vorgehen, um Ihre Belegschaft zu mehr Qualitätsbewusstsein und zu entsprechenden Handlungen motivieren? Die folgenden fünf Zutaten helfen Ihnen dabei.  Personality – Persönlichkeit: Berücksichtigen Sie die Persönlichkeit Ihrer Mitarbeitenden. Eine Buchhalterin folgt anderen beruflichen Werten, als ein Vertriebler und dann kommen noch die Unterschiede von Mensch zu Mensch dazu. Das sollte Einfluss auf die Art Ihrer Ansprache und Argumentation gegenüber diesen Personen haben.
  Curiosity – Neugierde: Der Mensch ist von seiner Natur ein neugieriges Wesen. Aber auch das, was Neugierde und Wissensdurst bedeuten, ist sehr individuell. Über Themen, für die Menschen sich interessieren, wollen sie mehr wissen. Mehr Wissen erlaubt Ihnen, dort mehr Kompetenz aufzubauen. Und zwar auf freiwilliger Basis. Ohne Zwang. Finden Sie heraus, welche Aspekte für die Mitglieder Ihrer Teams interessant sind.
  Relevance – Relevanz: Zwischen Neugierde und Relevanz besteht ein starker Zusammenhang. Sie sollten mit gezielten Fragen herausfinden, welche Trigger bei Ihren Mitarbeitenden funktionieren. Sie können dafür die unterschiedlichen Arten der Qualität nutzen: Strukturqualität, Prozessqualität und Ergebnisqualität. Ein Mensch, der sozialen Werten folgt, kann mit dem Einfluss der hergestellten Produkte auf die Gesellschaft getriggert werden, während jemand, der technisch orientiert ist, unter Qualität die Funktion von Motoren und anderen Anlagenteilen verstehen könnte. Entsprechend müssen Sie diese Personen ansprechen, führen und einbinden. Das Endergebnis, also die Qualität der Leistung, haben Sie stets im Blick, argumentieren aber nicht ausschließlich mit ihr.  Contribution – Beitrag: Da Sie nun wissen, was für die Teammitglieder relevant ist und was ihre Neugierde weckt, können Sie gemeinsam definieren, welchen konkreten Beitrag diese Menschen mit Blick auf die Qualität leisten. Erklären Sie nicht nur die Konsequenzen schlechter Qualität. Es geht um den wertvollen Beitrag jeder einzelnen Person für das große Ziel.
  Ownership – Eigentum: Damit das System zu einem lebenden und sich selbst optimierenden Organismus werden kann, geben Sie den Mitarbeitenden nun die Verantwortung und Befugnis und stellen die notwendigen Ressourcen bereit, damit Ihre Teammitglieder aktiv und wirksam werden können. Das bedeutet auf der einen Seite zwar, dass Führungskräfte in gewissem Maß Kontrolle abgeben müssen, auf der anderen Seite vervielfältigt sich dadurch Schlagkraft und Schlagzahl des Teams und der Organisation. 
  In sechs Schritten zu einer besseren Qualitätskultur
  1. Qualität und Ziele definieren Was bedeutet „Qualität“ in den einzelnen Prozessschritten und welche Ziele und Kennzahlen erlauben Beobachtung und Steuerung? Mit welchen Kennzahlen können die Ziele gemessen werden?   2. Relevanz erklären Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Leistung und den Tätigkeiten der Mitarbeitenden? In negativer Hinsicht (Auswirkung von Nichtkonformität, wie z. B. Kundenreklamationen) und in positiver Hinsicht (Relevanz für Einzelne, das Unternehmen oder die Gesellschaft).   3. Beitrag und Ownership-Kriterien vereinbaren und kommunizieren Vereinbaren Sie, welchen Beitrag die Personen konkret zur Qualität leisten. Wofür sind sie verantwortlich und wozu sind sie befugt? Verantwortung bedeutet auch eine gewisse Flexibilität bei der Findung des richtigen Wegs zum Ziel. Kein Mikro-Management seitens der Führungskräfte. Anhand welcher Kriterien wird die Arbeit der Person und des Teams gemessen? Kommunizieren Sie diese Vereinbarungen an alle Mitarbeitenden im Unternehmen. Dieser Punkt ist insbesondere seit der Pandemie-Zeit äußerst wichtig. Lange Arbeitszeit = höhere Leistung ist schon längst keine Gleichung mehr, die aufgeht.   4. Kritische Rückmeldungen einfordern Fordern Sie von den Mitarbeitenden Rückmeldungen zu Themen oder Sachverhalten ein, die diese selbst nicht klären können, oder deren Kompetenz und Verantwortung sie überschreiten. Überlegen Sie sich dann, wer dieses Feedback verarbeiten soll und justieren Sie gegebenenfalls in den Schritten 1 bis 3 nach.
  5. Gute Leistung belohnen Belohnen Sie die Leistung der Mitarbeitenden fair und auf Basis ihrer persönlichen Werte. Nicht immer wird eine Bonuszahlung oder ein Statussymbol als Belohnung empfunden. Für manche Mitarbeitende sind Weiterbildungen oder die Übernahme von mehr Verantwortung eine höhere Wertschätzung. Wobei wir erneut bei dem Wort „Wert“ angekommen wären.   6. Teamentwicklung fördern Wenn Sie eine solche Systematik implementieren, wird sich die Kommunikation im Unternehmen verändern. Wer mit wem wann und wie kommuniziert. Die Teamentwicklung bekommt einen noch höheren Stellenwert und Sie müssen diese Entwicklung gezielt fördern. Nicht nur innerhalb der Fachabteilungen. 
  Wir sind erst dann groß, wenn wir unsere Mitarbeitenden zu Helden gemacht haben. Erreichen Sie mit diesem Vorgehen 100 % Ihrer Belegschaft? Mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht. Sie werden jedoch überrascht sein, wie viele sich für Qualitätsthemen begeistern lassen und aktiv mitwirken wollen. Mit weiteren Mitstreitenden steigt die Chance, dass andere diesem Beispiel folgen wollen und Sie können endlich am Unternehmen statt ständig im Unternehmen arbeiten.
  Diejenigen, die Ihnen durch diesen Ansatz als Führungskraft freiwillig folgen, sind stärker motiviert, leistungsbereiter, bleiben länger im Unternehmen und haben mehr Freude an ihrer Arbeit. Das beeinflusst wiederum die Kultur in Ihrem Unternehmen positiv. Für mich steht fest: Viele kleine Helden sind besser, als einer, der sich für einen Superhelden hält. Auch er kann nicht überall gleichzeitig sein. Jetzt ist die beste Zeit, um damit anzufangen, Ihre Mitarbeitenden zu Helden zu machen.

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