Anlagenbau und Komponenten

Energieeffizienz: Gammel Engineering projektierte eine neue KWK-Anlage für Maintal Konfitüren

Die neue erdgasbetriebene Mikrogasturbine von Dürr spart jährlich 5.000 kg Kohlendioxid ein

20.03.2017 - 2014 betrug der Energieverbrauch des Industriesektors in Deutschland 697 TWh.

2014 betrug der Energieverbrauch des Industriesektors in Deutschland 697 TWh. Etwa zwei Drittel davon werden laut Umweltbundesamt für die Herstellung von Prozesswärme benötigt. Auch bei dem Haßfurter Unternehmen Maintal Konfitüren GmbH erfolgte die Produktion des nötigen Dampfes bisher in einem sehr energieintensiven Verfahren über einen ölbefeuerten Kessel. Deshalb wurde 2014 beschlossen, die Anlage durch eine deutlich effizientere Mikrogasturbine zu ersetzen, die Heizwärme und einen Großteil des Prozessdampfs als auch Strom bereitstellt und jährlich bis zu 5.000 kg CO2 einspart.

Dabei profitieren die Unterfranken von der Zusammenarbeit mit dem örtlichen Energieversorger: Die Stadtwerk Haßfurt GmbH finanziert und verpachtet die Gasturbine und kümmert sich um die anfallenden Wartungsarbeiten. Geplant wurde die Kraft-Wärme-Kopplungs-(KWK)-Anlage vom erfahrenen Abensberger Ingenieurbüro Gammel Engineering.

Kooperation von Maintal Konfitüren, Stadtwerke Haßfurt und Gammel Engineering

Die Konfitüre ist beliebt wie eh und je: Einer Umfrage aus dem Jahr 2016 zufolge essen fast 80% aller Deutschen mehrmals im Monat am liebsten süße Brotaufstriche, wie etwa Marmelade. Dazu zählt auch die berühmte, Hiffenmark genannte Hagebuttenkonfitüre des über 130 Jahre alten Familienunternehmens Maintal Konfitüren aus dem unterfränkischen Haßfurt, die weltweit auf den Frühstückstisch kommt. „Für die Produktion unseres Sortiments, das rund 600 Produkte umfasst, sind große Mengen Dampf nötig. Der wurde bisher jedoch über eine ölbefeuerte Anlage erzeugt, die sehr ineffizient und teuer war und damit nicht mehr unseren Anforderungen entsprach“, erklärt Klaus Hammelbacher, Geschäftsführer des Konfitürenherstellers. Die Anlage war zudem nicht stufenlos regelbar und benötigte häufig mehrere Starts, womit ein hoher Energieverbrauch einherging.

Um die Energieversorgung effizienter zu gestalten, wählte der Diplom-Biologe einen eher ungewöhnlichen Weg: Das Unternehmen ging eine Kooperation mit dem örtlichen Gas- und Stromlieferanten, der Stadtwerk Haßfurt GmbH, ein. Die schlug für die Planung der neuen Anlage gleich ein passendes Ingenieurbüro vor: Die Gammel Engineering GmbH aus dem niederbayerischen Abensberg besitzt langjährige Erfahrung bei der Planung und Realisierung von individuellen Energiekonzepten in Unternehmen aller Größenordnungen und hatte bereits vorher gemeinsame Projekte mit dem Stadtwerk Haßfurt durchgeführt. Maintal Konfitüren überließ dem Abensberger Team deshalb die Projektentwicklung mit Erstellung eines Energiekonzeptes sowie die System-, Genehmigungs- und Ausführungsplanung. Daneben übernahm Gammel die Qualitätssicherung und eine umfassende Inbetriebnahmeplanung.

Installation einer Gasturbine mit Vierzugkessel

Das Ingenieurbüro erstellte zunächst ein Energiebedarfsprofil des Werkes. Am wichtigsten war dem Konfitürenhersteller eine energieeffiziente Bereitstellung des benötigten Prozessdampfes mit 10 bar. Zudem wurde auch der Stromverbrauch mit berücksichtigt. Aus diesem Grund entschied sich das Unternehmen auf Anraten von Gammel Engineering, eine KWK-Anlage mit Mikrogasturbine zu installieren. „Die mit Erdgas betriebene Mikrogasturbine von Dürr mit einer Leistung von 100 kW erzeugt konstant Strom und deckt zwei Drittel des werksinternen Bedarfs ab“, erklärt Thomas Winkler, Projektleiter bei Gammel Engineering. Zusätzlich wird die Abwärme der Turbine für die Dampfproduktion genutzt. Die Abgase durchströmen dabei einen abgetrennten Teil des Vierzugkessels. Nachgeschaltet sind zudem Economizer für Speisewasser-Vorwärmung und Heizwasserbereitung. Auf diese Weise sichert die Gasturbine im Abhitzebetrieb die Grundlast mit circa 0,5 t/h Sattdampf. Allein durch die Abwärme der Turbine können so auch zwei Drittel des Wärmebedarfs der Konfitürenproduktion gedeckt werden. „Bei einem höheren Dampfbedarf kann zusätzlich der stufenlos regelbare Gasbrenner im Kessel hinzugeschaltet werden. So stellt die Anlage im Kombibetrieb bis zu 2,5 t Sattdampf und 50 kW Heizwärme bereit“, führt der Ingenieur weiter aus.

Um eine möglichst energieeffiziente und dabei kostengünstige Lösung zu finden, wurden das bisherige Speisewassersystem sowie die Speisewasserpumpe beibehalten. Der Vierzugkessel wurde dagegen erneuert. Zudem sind mehrere Wärmetauscher und Economizer an das System gekoppelt. Hier offenbaren sich die Vorteile der neuen Anlage besonders: Bevor das Speisewasser in den Dampfkessel eintritt, wird es in einem Wärmetauscher mit dem Rauchgas aus dem Dampfkessel vorgeheizt. Die Temperatur des Rauchgases wird so gesenkt; im Gegenzug wird der Gasverbrauch im Vierzugsystem erheblich vermindert. Daran angeschlossen ist ein Economizer, der dem Rauchgas noch weitere Wärme entzieht. Diese wird dafür genutzt, Wasser für Reinigungszwecke zu erhitzen und dient nun auch zur Beheizung der Räumlichkeiten.

Jährliche Einsparung von circa 5.000 kg CO2

So konnte u. a. ein Problem gelöst werden, das zeitweise in der Logistikhalle auftrat: „Im Winter konnte die Halle vorher nur unzureichend beheizt werden, sodass Maintal Konfitüren eine externe Ölzusatzheizung installieren musste, die einen hohen Energieverbrauch und dadurch auch hohe zusätzliche Kosten erzeugt hat“, erklärt Winkler. „Durch das neue System aus Mikrogasturbine, Vierzugkessel, Wärmetauscher und Economizer konnte auch das Heizungssystem optimiert werden.“ Da die Rauchgase vorher kaum genutzt wurden, verließen sie den Kamin vor der Neuinstallation mit 210 bis 220 °C, ihre jetzige Temperatur von 120 °C konnte um fast die Hälfte reduziert werden.

Die Umstellung vom teuren Öl zum günstigeren Erdgas hat für das Unternehmen also nicht nur Kostenvorteile; zudem wurde auch der CO2-Ausstoß erheblich gesenkt und damit die Umweltbilanz verbessert: Jährlich sparen die Unterfranken nach Berechnungen von Gammel Engineering etwa 5.000 kg ein. Auch beim restlichen Strom- und Energiebedarf setzt Maintal Konfitüren auf Nachhaltigkeit, denn der Fruchtaufstrichhersteller bezieht vom Stadtwerk Haßfurt ausschließlich Ökostrom und wurde deshalb mit einem Zertifikat der Greenpeace Energy eG sowie des örtlichen Stadtwerks ausgezeichnet, das eng mit der Umweltschutzorganisation zusammenarbeitet.

Effektive Zusammenarbeit

Auch der Energieversorger profitiert von der Kooperation: „Da das Stadtwerk Eigentümer der Mikrogasturbine ist, arbeiten wir eng mit Maintal Konfitüren zusammen und können so die Kundenbindung stärken. Treten bei der Anlage etwa Probleme auf, sind unsere Experten sofort zur Stelle, sodass keine externen Dienstleister mit der Reparatur und Wartung beauftragt werden müssen. Zudem liefern wir auch weiterhin Strom und Energie an das Unternehmen“, erläutert Diplom-Ingenieur Norbert Zösch, Geschäftsführer der Stadtwerk Haßfurt GmbH. Speziell auf das Projekt bezogen, zieht der Stadtwerksbetreiber also eine positive Bilanz – auch im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit Gammel Engineering: „Das Ingenieurbüro konnte bereits in mehreren gemeinsamen Projekten mit seiner Fachkompetenz überzeugen, etwa bei BHKW-Wärmecontracting-Anlagen sowie bei der Installation einer Absorptionskälte-Anlage in den Haßberg-Kliniken. Die Planung und Abstimmung hat bisher auch bei schwierigen Projekten, wo die Einbindung der neuen Anlage in das bestehende System eine Herausforderung dargestellt hat, immer bestens funktioniert.“

Energieeffizienz und Umweltfreundlichkeit

Dabei stellt Zösch an die kooperierenden Firmen vor allem bei der Energieeffizienz und Umweltfreundlichkeit hohe Ansprüche, wie auch Winkler bewusst ist: „Herr Zösch setzt mehr als andere Energieversorger besonders auf erneuerbare Energien und produziert allein dadurch doppelt so viel Strom als im Einzugsgebiet verbraucht wird.“ Zu den neuesten Projekten gehört etwa die Power-to-Gas-Anlage, die ebenfalls zusammen mit Greenpeace Energy entstand. Diese nutzt das neu entdeckte Elektrolyse-Verfahren, um überflüssige Energie aus Windkraftanlagen effizienter einzusetzen. Wasser kann damit in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten werden, der auch „Windgas“ genannt und als klimaneutrales Gas in das allgemeine Gasnetz eingespeist wird, wo es von Haushalten, Gewerbe und Industrie genutzt wird.

In den Punkten Energieeffizienz und Umweltfreundlichkeit haben also alle drei Unternehmen am selben Strang gezogen. Daneben verlief auch die Projektkoordination wie geplant. „Die Zusammenarbeit hat trotz des großen Aufwands problemlos funktioniert. Für das Erdgas mussten beispielsweise etliche neue Rohre verlegt werden, ohne den Betrieb maßgeblich zu unterbrechen. Auch die Errichtung einer Ersatzdampfanlage im Hof war notwendig“, so Hammelbacher. „Alle Beteiligten waren deshalb sehr häufig vor Ort und haben sich ständig abgesprochen. Damit waren wir mit einer Bauzeit von etwas weniger als einem Jahr gut im Zeitplan.“

Maintal Konfitüren

Bereits im Jahr 1886 gründete Josef Müller einen Handel für „Vegetabilien und Landesprodukte“ und handelte zunächst hauptsächlich mit Tee, Kräutern, Dörrobst sowie Hiffenkernen. 1889 wird der Grundstein für das heutige Hauptprodukt gelegt: Das Familienunternehmen, das erst seit 2006 unter dem Namen Maintal Konfitüren GmbH firmiert, beginnt mit der Marmeladen- und Geleeproduktion. Mittlerweile stellt der Konfitürenspezialist jährlich rund 12 Mio. Gläser her und produziert rund 600 verschiedene Artikel – viele davon in Bioqualität. Bekannt sind die Main-Franken vor allem für das „Hiffenmark“: Für die Hagebutten-Konfitüre, die sich auch weltweit großer Beliebtheit erfreut, hat Maintal Konfitüren die Marktführerschaft in Deutschland inne. Das bereits 130 Jahre alte Unternehmen wird inzwischen in der vierten Generation von Tochter Anne Feulner und Schwiegersohn Klaus Hammelbacher geführt und beschäftigt derzeit 80 Mitarbeiter.

Stadtwerk Haßfurt

Die Stadtwerk Haßfurt GmbH geht auf eine im Jahr 1900 errichtete Acetylenfabrik zurück, die für die damalige Straßenbeleuchtung zuständig war. Nach und nach übernahm das Unternehmen dann die Strom- und Energieversorgung der Stadt Haßfurt und gehört heute deutschlandweit zu den führenden Produzenten im Bereich der Erneuerbaren Energien: 2016 wurden 209% des Leistungsbedarfs der Stadt Haßfurt durch Photovoltaik-, Biogas- und KWK-Anlagen sowie Windräder gewonnen. Das Unternehmen beschäftigt 45 Mitarbeiter und erwirtschaftete im Jahr 2015/2016 einen Umsatz von 26,3 Mio. €. 

Gammel Engineering

Die Gammel Engineering GmbH wurde 1987 von Michael Gammel gegründet und ist ein inhabergeführtes Familienunternehmen mit Sitz in Abensberg. Das Unternehmen bietet Ingenieurdienstleistungen im Bereich dezentrale Energiesysteme, Energieeffizienz und Gebäudetechnik an und führt alle Aufgaben von der Planung, der Bauleitung bis zur Betriebsbetreuung durch. Gammel hat sich darauf spezialisiert, individuelle, dezentrale Energiesysteme in bestehende Produktionsprozesse in Unternehmen einzubinden. Für die Entwicklung des Kombi-Power-Systems, das es ermöglicht, verschiedene fossile Energieträger mit regenerativen Energien und Reststoffen zu kombinieren, um damit Strom zu erzeugen, hat Gammel 2014 den Bayerischen Energiepreis bekommen. Für die Planung und Errichtung der Kraft-Wärme-Kälte-Kopplungsanlage bei Osram in Eichstätt erhielt das Unternehmen vom Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung e. V. die Auszeichnung „Blockheizkraftwerk des Jahres“. Gammel Engineering bietet 55 Mitarbeitern hochwertige Arbeitsplätze.

 

 

Contact

Gammel Engineering GmbH

An den Sandwellen 114
93326 Abensberg

+49 9443 929 0

Stadtwerk Hassfurt GmbH

Augsfelder Straße 6
97437 Haßfurt

+49 9521 9494 0

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